Spektrum

Leistungsspektrum

Als interdisziplinäres Fach vertreten wir ein breites Leistungsspektrum mit hoher fachlicher Kompetenz.

Neben der klassischen Zytogenetik verfügen wir über eine Vielzahl molekulargenetischer Techniken, die sowohl in der Forschung als auch in der Diagnostik erblicher Erkrankungen von Bedeutung sind.

Klassische Zytogenetik

Die Zytogenetik, ein Teilgebiet der Genetik, befasst sich mit der Analyse von Chromosomen, den in jedem Zellkern von Körperzellen vorkommenden Trägern der eigentlichen Erbsubstanz: eine als DNS (Desoxyribonukleinsäure) bzw. DNA (engl. Desoyribonucleic acid) bezeichnete Molekülstruktur, auf der die genetische Information in Form von Genen organisiert ist.

Chromosomen können durch spezielle zytogenetische Techniken isoliert und nach Anfärbung („Bänderung“) im Lichtmikroskop sichtbar gemacht werden. Der gesamte Chromosomensatz einer menschlichen Körperzelle (Karyotyp) besteht aus 46 Chromosomen, die zu 23 Paaren angeordnet sind und in einem Karyogramm dargestellt werden können. 22 paarweise vorliegende Chromosomen werden nach Größe und strukturellen Merkmalen charakterisiert und mit Zahlen (1 bis 22) bezeichnet. Der Chromosomensatz wird vervollständigt durch zwei Geschlechtschromosomen, nämlich zwei sogenannte X-Chromosomen bei der Frau, ein X- und ein Y-Chromosom beim Mann. Die Vererbung der Chromosomen an die Nachkommen eines Individuums erfolgt nach bestimmten Regeln über die Keimzellen (Ei- oder Samenzellen).

Zytogenetische Untersuchungen ermöglichen –durch die Ermittlung der Chromosomenzahl und die Analyse ihrer Struktur mit Hilfe eines Lichtmikroskops – die Suche nach zahlenmäßigen bzw. strukturellen Chromosomenveränderungen, die möglicherweise mit Entwicklungsbesonderheiten oder Krankheiten im Zusammenhang stehen können.

Da Chromosomen nur während einer bestimmten Phase der Zellteilung sichtbar sind, geht der eigentlichen Chromosomenanalyse im Allgemeinen eine mehrtägige Zellkultur voraus. Für Chromosomenuntersuchungen werden im Allgemeinen Lymphozyten (eine bestimmte Fraktion der weißen Blutzellen) verwendet. Je nach Fragestellung kommen unter anderem auch Tumorzellen oder andere teilungsfähige menschliche Zellen zum Einsatz. In unserem Institut bestehen darüber hinaus auch umfangreiche Erfahrungen in der Chromosomenanalyse von Maus, Ratte und Hund.

Molekulare Zytogenetik

Die molekulare Zytogenetik verbindet zytogenetische und molekulargenetische Ansätze und ermöglicht die farbige Darstellung von Chromosomen bzw. Chromosomenabschnitten. Das zentrale technische Untersuchungsverfahren, die Fluoreszenz-in situ-Hybridisierung (FISH), beruht auf der grundlegenden Eigenschaft von Nukleinsäuren (wesentlicher Bestandteil der Chromosomen), sich im einzelsträngigen Zustand mit einem komplementären („passenden“) Nukleinsäuremolekül zu einem Doppelstrang zusammenzulagern. Diese spezifische Zusammenlagerung zweier Einzelstränge zu einem Doppelstrand wird als Hybridisierung bezeichnet, sie kann nicht nur im Reagenzglas (in vitro) erfolgen, sondern auch .direkt auf einem Chromosomen- bzw. Zellkernpräparat (in situ). Die Hybridisierung zwischen einer mit einem Fluoreszenzfarbstoff markierten Nukleinsäure (Sonde) und dem komplementären Chromosomenabschnitt im Untersuchungsmaterial wird fluoreszenzmikroskopisch nachgewiesen. FISH kommt u. a. zur Anwendung bei Verdacht auf einen lichtmikroskopisch nicht erkennbaren Verlust oder Zugewinn von Chromosomenmaterial oder zum Nachweis von chromosomalen Verlagerungen.

Gewinnung und Aufreinigung von Nukleinsäuren

Das genetische Material, die DNA, gehört zu den stabilsten Moleküle, die wir kennen. Selbst aus über tausend Jahre alten Mumien kann sie isoliert und analysiert werden. Der spätere Verwendungszweck im Labor entscheidet dabei wesentlich über die Präparationsmethode.

Das Institut für Medizinische Genetik verfügt über die Fachkompetenz und die Erfahrung verschiedenster Techniken zur Präparation, Aufreinigung und Analytik von Nukleinsäuren.

Molekulargenetik

Molekulargenetische Techniken erfordern weder Zellen noch ein Mikroskop, sondern die aus Zellkernen herausgelöste DNA. Diese kann mit verschiedenen Laborverfahren u. a. auf das Vorliegen von krankheitsauslösenden Normabweichungen analysiert werden. Dabei wird in der Regel zumächst ein Abschnitt aus dem Genom vervielfältigt.

Die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) basiert auf der zyklisch wiederholten Verdoppelung von DNA mit Hilfe einer thermostabilen DNA-Polymerase und Nukleotiden. Seit ihrer Entwicklung 1983 ist die PCR Technik rasant weiterentwickelt worden und ist heute unverzichtbar für die Erkennung von Virusinfektionen, Erbkrankheiten, das Erstellen genetischer Fingerabdrücke und das Klonieren von Genen. Gemäß einer von ihm selbst erzählten Anekdote hatte Kary Mullis die Eingebung für das Verfahren während einer nächtlichen Fahrt zu seinem Ferienhaus. Er erhielt gemeinsam mit Michael Smith 1993 dafür den Nobelpreis für Chemie.

Wir beherrschen neben der qualitativen PCR auch die quantitative realtime-PCR sowie die PCR-basierte Entwicklung genetischer Sonden.

Array-Technologien

Array-Technologien sind moderne genetische Untersuchungsverfahren zur hochauflösenden Untersuchung des Genoms (Gesamtheit der genetischen Information eines Individuums). Ähnlich wie bei der molekular-zytogenetischen Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) lassen sich durch Hybridisierung mit spezifischen, fluoreszenzmarkierten Sonden genomische Imbalancen,  d. h. Verluste und Zugewinne von genetischem Material, nachweisen. Das Besondere ist, dass das Untersuchungsmaterial gleichzeitig reagiert mit zehntausenden von spezifischen Sonden, die viel kleiner sind als FISH-Sonden und in ihrer Gesamtheit das komplette menschliche Genom repräsentieren. Dabei ist jede Sonde, die einem bestimmten DNA-Abschnitt entspricht; auf einem definierten Testfeld eines fingernagelgroßen Plastik- oder Glasplättchens (Array, DNA-Chip) fixiert. Neben der hohen Auflösung ist von Vorteil, dass für diese Analysen nicht unbedingt kultivierte Zellen erforderlich sind, sondern (fast) jedes biologische Material geeignet ist, aus dem sich DNA isolieren lässt.

Ein Schwerpunkt an unserem Institut ist die Array-basierte Untersuchung verschiedener gut- und bösartiger Tumorarten bezüglich genomischer Imbalancen, die z. B. im Zusammenhang stehen können mit der Krebsentstehung. Dabei verwenden wir nicht nur frisches Untersuchungsmaterial zeitnah nach der Gewebeentnahme, sondern sind – als eine von nur zwei Einrichtungen in Norddeutschland - auch in der Lage, bereits vor Jahren archivierte Paraffinpräparate, deren genetische Analyse erfahrungsgemäß schwierig ist, zu untersuchen. Die genetische und funktionelle Charakterisierung von genomischen Regionen, die in bestimmten Tumoren häufiger verändert sind, kann zum Verständnis der Tumorentstehung beitragen und die Testung potentiell therapeutisch nutzbarer Substanzen unterstützen.

Wir nutzen folgende Array-Technologien:

  • Copy Number und SNP Arrays zur hochauflösenden Analyse genomischer Imbalancen mittles genomischer Array-Hybridisierung
  • Analyse genomischer Imbalancen von fragmentierter DNA aus Paraffinpräparaten (FFPE) mittels genomischer Array-Hybridisierungin Verbindung mit der neuen Molecular Inversion Probe (MIP) Technologie. In Norddeutschland gibt es neben uns nur eine weitere Einrichtung, die diese Technologie anbieten kann.

DNA-Sequenzierung (Sanger)

DNA-Sequenzierung ist die Bestimmung der Nukleotid-Abfolge in einem DNA-Molekül. Die DNA-Sequenzierung hat die biologischen Wissenschaften revolutioniert und die Ära der Genomik eingeleitet. Seit 1995 konnte durch DNA-Sequenzierung das Genom von über 1.000 (Stand: 2010) verschiedenen Organismen analysiert werden. Zusammen mit anderen DNA-analytischen Verfahren wird die DNA-Sequenzierung u. a. auch zur Untersuchung genetisch bedingter Erkrankungen herangezogen. Darüber hinaus ist die DNA-Sequenzierung als analytische Schlüsselmethode, insbesondere im Rahmen von DNA-Klonierungen (engl. molecular cloning), aus einem molekularbiologischen bzw. gentechnischen Laborbetrieb heute nicht mehr wegzudenken. Frederick Sanger erhielt für seine Arbeiten zur DNA-Sequenzierung zusammen mit Walter Gilbert und Paul Berg 1980 den Nobelpreis für Chemie.

Die DNA-Sequenzierung gehört zum Handwerkszeug eines Molekulargenetikers und wird bei uns vor allem genutzt, um Gene auf das Vorhandensein bestimmter Mutationen zu untersuchen.

 

Proteinanalytik

Oft ist es wichtig, die Auswirkungen genetischer Veränderungen auf Proteinebene zu untersuchen. Das kann in Form von Expressionsplasmiden in Zellkultur geschehen, in Form von Geweben transgener oder pharmakologisch behandelter Tiere oder bei Tumoren, die durch somatische genetische Veränderungen entstehen.

Neben der Isolierung von Proteinen aus Zellkultur und Geweben führen wir auch den immunologischen Nachweis von Proteinen mittels Western Blot durch. Hierzu verwenden wir spezielle Fluoreszenz-markierte Sekundärantikörper, die im Infrarotbereich emmittieren.

Verhaltenscharakterisierung von Nagern

Für die Erforschung (oft seltener) humaner Erbkrankheiten und für die Entwicklung von Therapien sind genetisch modifizierte (transgene) Tiermodelle ein wichtiges Mittel. Mittels Verhaltenstests kann geprüft werden, ob und inwieweit ein transgenes Tiermodell geeignet ist, das jeweilige Krankheitsbild des Menschen zu widerspiegeln. Mit Hilfe geeigneter Tiermodelle kann auch die Wirksamkeit von Therapieansätzen untersucht werden.

Wir verfügen über langjährige Erfahrungen mit Verhaltenstests bei Mäusen und Ratten zu Kognition, Motorik und Emotionalität.